BSBS Deutsche Version

Zugang zu Musikveranstaltungen und (Techno/Pop/Rap/Rock…)-Festivals
für blinde und sehbehinderte Menschen

Blind & Seeing Buddy System – BSBS (Arbeitstitel zur Auswahl)

Da Menschen mit visuellen Einschränkungen im Bereich  bildender Künste oft an unüberbrückbare Barrieren stoßen, eint sie meist die Begeisterung für Musik. Schließlich kann Musik ziemlich alle Gefühle ausdrücken und positive Stimmung und Lebensfreude vermitteln. Der Besuch von Musik-Festivals bringt jedoch unüberbrückbare Barrieren mit sich: Schließlich ist das Festival-Gelände unbekannt, die laute Musik begeistert – jedoch erschwert der Jubel der Menschenmenge die Orientierung, die bei Menschen mit visueller Behinderung über Hör- und Tastsinn erfolgt.
Manchen Menschen mit Sehbeeinträchtigung „sieht“ man ihre Behinderung nicht an, sodass unaufmerksame oder betrunkene Menschen sich teils nicht darüber bewusst sind, wer freie Fußwege/Pfade oder Stehplätze benötigt. Ferner birgt die Boden-Beschaffenheit durch technische Einrichtungen oder natürliche Unebenheiten bisweilen die Gefahr weiterer Barrieren und Stolperfallen.
DOCH: In Zeiten einer alternden Gesellschaft spielt  Teilhabe von Menschen mit Behinderungen eine immer größere Rolle und Wichtigkeit. Wir wollen uns gemeinsam mit Ihnen dafür einsetzen, dass interessierte Blinde das jeweilige Festival besuchen können, ein Ticket kaufen – und für die Dauer des Festivals gemeinsam mit einem sehenden Buddy TEILHABEN und TEILNEHMEN können.

UNSERE IDEE:
Der sehende Part (ff. „GUIDE“) würde kostenlos am Festival teilnehmen und sicherstellen, dass unebenes Gelände oder betrunkene Menschen keine Barriere bzw. Gefahr für Menschen mit visuellem Handicap  darstellen. Die Guides könnten die Betroffenen an verschiedene Orte des Festivals begleiten, welche für die Betroffenen womöglich schwer zu finden sind. Visuelle Elemente könnten von den Guides beschrieben werden. Bestenfalls könnten Blinder und Guide Ihre Erfahrungen mit Organisatoren und Festivalbesuchern oder Musikern/Künstlern austauschen, um so gemeinsam Inklusion im Festival-Alltag zu leben.
Ferner könnten neue Freundschaften zwischen interessanten und interessierten Menschen entstehen, die sich sonst vielleicht nie begegnet wären. Da Menschen mit visuellen Behinderungen oft nur in „Ihrer Blinden-Community“ vernetzt sind, wäre dies gewiss ein exzellentes Projekt, um mehr Teilhabe in Gesellschaft, Musik und Kunst zu fördern. Mehr Teilhabe zugunsten einer „bunten Republik“.


FAQ:
Warum sollte ich als VeranstalterIn der jeweiligen Begleitperson / Guide eine Freikarte zur Verfügung stellen?
– Die blinden FestivalbesucherInnen hätte in Sorge um etwaige Barrieren ohne dieses Projekt wahrscheinlich kein Festival-Ticket gekauft. Da Sie gewissermaßen ein Ticket verschenken, aber ein zusätzliches verkaufen, gehen keine Einnahmen verloren. Die Person mit dem kostenlosen Ticket kauft weiterhin F&B und Merch vor Ort.
– Weil der Zugang nicht nur wichtig ist, sondern sogar Vorbild-Funktion hätte, wird Ihre Veranstaltung ein Diversity Equity Inclusion / DEI-Partner (gute mediale Darstellung und Werbe-Mehrwert für Sie), was wiederum gute PR und mehr Besucher anziehen wird (Geschäftsbonuspunkte für Sie). Ihre MitarbeiterInnen könnten sich inspiriert fühlen, weitere dieser Grassroots-Programme umzusetzen und die Zugänglichkeit Ihrer Veranstaltung dadurch noch weiter zu verbessern!
– Falls Sie daran interessiert sind, könnten wir uns auch vorstellen, einen Journalisten in dieses Projekt miteinzubinden, der dieses Inklusions-Projekt medial sehr positiv aufarbeiten könnte.
– MERKE: Bei Theater- und Musical-Vorführungen in städtischen / staatlichen Theatern werden stets Freitickets für Begleitpersonen vergeben. Ggf. bestünde die Möglichkeit der Kooperation Ihres Festivals mit dem Inklusionsamt des Landkreises / bzw. der Kommune, in der das Festival stattfindet.

Was sind meine Pflichten als sehende Begleitperson?
– Bitte bewerben Sie sich in erster Linie nur dann für das Programm (auf der Website der Veranstaltung wird ein einfaches Antragsformular bereitgestellt), wenn es Ihnen wirklich wichtig ist, neue Freunde zu finden und als Guide einer Person mit visuellem Handicap zu fungieren. Bedenken Sie hierbei, dass Sie weitgehend nüchtern bleiben müssen, während Sie die Ihnen anvertraute Person auf dem Festival begleiten.
– Sie erhalten ein paar kurze Tipps, was der blinde Festival-Teilnehmer an Unterstützungsleistungen benötigen könnte. Sie werden Ihrem blinden Kumpel einige Tage im Voraus per E-Mail vorgestellt, um sicherzustellen, dass Sie beide der jeweiligen Vermittlung zustimmen.
– Es gibt keine gesetzlichen oder versicherungstechnischen Anforderungen, um an diesem Programm teilzunehmen. Es gelten die regulären Haftungsgesetze, (exakt so, als ob Sie mit einem Freund oder Kollegen an einer Veranstaltung teilnehmen würden).

Wie bewerbe ich mich als blinde Person?
– Die Veranstaltung, an der Sie gerne teilnehmen würden – und die zugleich auch Partner unseres Programms ist, hat eine Kontakt-E-Mail-Adresse oder ein einfaches Antragsformular, an das Sie Ihre Anfrage senden können. Informationen hierüber gibt es über den Veranstalter, oder aber über uns.
WICHTIG: Wenn Sie gemeinsam mit einer sehenden Begleitperson / Guide an der Veranstaltung teilnehmen möchten, vergewissern Sie sich, dass ein Match für Sie verfügbar ist, bevor Sie Ihr Ticket kaufen. Wir können nicht immer garantieren, dass je nach Veranstaltungsort auch ein Guide zur Verfügung steht!
– Wenn Sie Ihrem potenziellen Guide per E-Mail vorgestellt werden, stellen Sie sicher, dass Sie Ihre Bedürfnisse klar benennen und dass beide Parteien den Grundvoraussetzungen bzw. Vorstellungen des jeweils anderen zustimmen, um problemlos gemeinsam an der Veranstaltung teilnehmen zu können. Geben Sie Ihrem sehenden Guide auch Notfallkontakte (Freunde / Familie).

Was ist der Unterschied zwischen diesem Guide-Netzwerk und dem gängigen „BUDDY-SYSTEM“?
– Unsere Idee basiert auf dem „Non-Profit-Gedanken“, also auf einem rein ehrenamtlichen Angebot, bei dem niemand für eine Leistung bezahlen muss – und niemand für seinen freiwilligen Einsatz (Geld-)Mittel in irgendeiner Art entgegennimmt. Uns geht es lediglich darum, Menschen, die etwas gutes tun, und Festivals erleben möchten, zusammen zu bringen.
– Unsere Idee ist für jedermann zugänglich, dezentral und kostenlos nutzbar. Jedes Festival / jeder Promoter kann (und soll!) es übernehmen und darf es nach seinen Bedürfnissen spezifizieren. Unsere Idee basiert auf dem Buddy-System, wonach sich Menschen, die sich sympathisch erscheinen, und die Verantwortung übernehmen möchten, zusammenfinden. Hierbei gibt es unzählige Varianten. Personen, die sich sympathisch sind, können beliebig viel Zeit gemeinsam verbringen: Egal, ob eine Stunde, ein Tag, eine Woche oder länger.
Dieses System wird seit den 1960er Jahren im Bildungswesen, im Arbeitsalltag und in Institutionen mit großem Erfolg genutzt, um Inklusion von Menschen mit Behinderungen mit Leben zu erfüllen.
– Unsere Idee zielt einzig auf die Zusammenführung von Menschen. Wir verfolgen keinerlei monetären Interessen. Vielmehr hinterfragen wir kritisch, ob es nicht widersprüchlich ist, Inklusion und Wohltätigkeits-Veranstaltungen in einem Atemzug zu nennen. Wir meinen, dies widerspricht dem Inklusionsgedanken, wie er in der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen ([DE] „UN-BRK“ / [EN] „UN-CRPD“) hinterlegt ist. Schließlich werden im Sinne der UN-BRK Menschen insbesondere durch mangelnde Barrierefreiheit künstlich „verbehindert“. Aus vorhandenen Barrieren Kapital schlagen zu wollen, widerstrebt dem Inklusionsgedanken, wie wir ihn – orientiert an der UN-BRK – propagieren.
– Unser „Matching-System“ beruht auf der Frage, ob zwei Menschen (ein Blinder / Sehbehinderter sowie der potenzielle Guide) den gleichen Musik- bzw. Festival-Geschmack haben – und ob Sie sich buchstäblich „riechen“ können – also: sich sympathisch sind und die identischen Interessen verfolgen.
Schlussendlich zielt das „Match“ darauf ab, gemeinsam eine tolle Zeit zu verbringen, und dem visuell beeinträchtigen Menschen den Zugang zum Festival und zu den Menschen zu erleichtern. Wir haben AUSDRÜCKLICH kein Interesse daran, professionelle Guides zu ersetzen, sondern wollen lediglich Menschen mit ähnlichen Interessen zusammenzuführen.

 

ZIEL 1: Kulturveranstaltungen einer größeren Anzahl von Menschen (mit visuellen Handicaps) zugänglich zu machen. Machen wir diesen Zugang gemeinsam so sicher und angenehm wie nur irgend möglich.
ZIEL 2: Entstigmatisierung von Blindheit und Sehbehinderung für ein breiteres – möglicherweise jüngeres – Publikum. Abbau von Barrieren zwischen blinden/sehbehinderten und sehenden Menschen.
ZIEL 3: Sensibilisierung für das Thema „kulturelle Zugänglichkeit für Alle“ und Ermutigung von mehr Basisinitiativen zum allgemeinen Zugang für Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und zugunsten der Förderung vielfältiger Interaktionen. Dieses Konzept soll andere Initiativen zur Barrierefreiheit ergänzen, nicht ersetzen.
ZIEL 4: Promoter*innen/Techniker*innen/Künstler*innen entwickeln weitere Ideen, wie Inklusion gelingen kann. So organisieren z.B. einige Bands eine Bühnentour für blinde und sehbehinderte Teile des Publikums, um die Backline anzufassen und den Tönen zuzuordnen, die sie dann während des Konzerts hören.
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